Zur Person

“... auf die Zusammenschau zweier sich ergänzender Sichtweisen hinzuarbeiten.”

Ein Nachruf auf Professor Dr. Fritz Rauh (1927 - 1998)

Von Friedrich Pukelsheim

Professor Dr. Fritz Rauh wurde 1954 am Lehrstuhl von Karl von Frisch von der Fakultät für Naturwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München zum Dr. rer. nat. promoviert. Vorher schon hatte Professor Rauh an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Freising Philosophie studiert. Nach der naturwissenschaftlichen Promotion ergänzte er seine theologischen Studien durch ein Diplom, die Priesterweihe und 1968 dann durch die Habilitation in katholischer Theologie. Die schon 1958 in Eichstätt begonnene Lehrtätigkeit setzte er dann von 1968 bis 1971 in München als Privatdozent mit dem Schwerpunkt Moraltheologie und Moralpsychologie fort.

Im Jahre 1971 folgte er dem Ruf auf einen Lehrstuhl für Grenzfragen der Theologie und der Naturwissenschaften an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg; 1981/ 82 diente er der Fakultät als Dekan. 1984 heiratete er Dr. Charlotte Hörgl, mit der er auch wissenschaftlich zusammenarbeitete. Frau Rauh verstarb 1993.

Die Entscheidung zur Eheschließung führte zum Konflikt mit den Bedingungen, die die katholische Kirche für Priester im Professorenamt vertritt. Dieser Konflikt wurde in einem für alle Beteiligten sicherlich schmerzlichen Prozeß gelöst, indem Professor Rauh auf einen Lehrstuhl für Grenzfragen zwischen Naturwissenschaften und Ethik an die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Augsburg wechselte.

Die Widmung des Grenzfragen-Lehrstuhls wandelte sich so in eine unvorhergesehene Realität, an der Grenze zwischen zwei Fakultäten zu fragen, zu wirken, oder eher: auf die Zusammenschau zweier sich ergänzender Sichtweisen hinzuarbeiten, der naturwissenschaftlichen und der theologischen. In wissenschaftlichen Veröffentlichungen von Fritz Rauh steht diese Zusammenschau im Mittelpunkt, mit Themen zur Verhaltensforschung, zum Weltbild bei Teilhard de Chardin, zur evolutiven Deutung der Lebensentfaltung oder zur ethischen Dimension von Biotechnik und Genmanipulation.

Bei der Feierstunde anläßlich der Emeritierung von Professor Rauh, am 16. Februar 1995, griff Professor Dr. Klaus Mainzer in seinem Festvortrag die Thematik Evolution und Ethik auf und beleuchtete sie aus seiner Sicht.

Professor Fritz Rauh verstarb am 18. April 1998, nachdem er eine Woche vorher Opfer eines schweren Schlaganfalles geworden war. Im Beisein zahlreicher Kollegen wurde er am 24. April 1998 auf dem Nymphenburger Friedhof in München an der Seite seiner Frau bestattet. Der anschließende Trauergottesdienst in St. Mauritius, München, wurde von seinem letzten Schüler Pfarrer Dr. Martin Schubert zelebriert.

Prediger Pfarrer Albert Bauernfeind zeichnete die Grenzen nach, mit der sich der Wissenschaftler Fritz Rauh auch im persönlichen Leben konfrontiert sah. “Hineingeboren in eine geschlossene katholische Welt - erlebt er die eigenen Grenzen dieser Welt als schmerzvoll bis in die Seele, schmerzvoll bis hin zum Aufruhr. In dieser Situation ist das ganze Ja zu seiner Frau Charlotte - es war eine stille Ehe und damit verbunden ein stilles Ausscheiden aus dem Priesteramt - aber konsequent und aufrichtig. Da war schließlich auch der Austritt aus der Kirche - ein Schritt, den er sehr wohl überlegte und für den es mancherlei Gründe gibt. Diese Gründe müssen nicht von allen verstanden werden - für Fritz Rauh aber waren es letztlich unüberwindliche Grenzen”.

In seinem Schlußwort anläßlich der Emeritierungsfeier wies Fritz Rauh über diese Grenzen hinaus: “Ich bin sicher, daß das Gespräch um die Grenzen unseres Wissens und Erkennens weitergehen wird, und hoffe, daß die Partner dieses Gesprächs sich in der Pluralität ihrer Meinungen bejahen. Naturwissenschaftler und Theologen werden sich dabei nicht immer in der Gemeinsamkeit einer Weltanschauung begegnen, aber in der Gemeinschaft und durch die Gemeinschaft des Gesprächs.”


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Zuletzt geändert von presse@www.uni-augsburg.de am Freitag, den 14. August 1998